Joseph Bloch (Publizist)

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Joseph Bloch (* 14. September 1871 in Wilkowiszky (damals Russisch-Polen); † 14. Dezember 1936 in Prag) war ein sozialdemokratischer Publizist. Er war langjähriger Herausgeber der Sozialistischen Monatshefte. Er war einer der einflussreichsten Vertreter des rechten Flügels der SPD.

Joseph Bloch stammte aus einer orthodoxen jüdischen Familie und wuchs in Königsberg (Ostpreußen) auf. Er besuchte das Kneiphöfische Gymnasium in seiner Heimatstadt bis 1890 und studierte anschließend Mathematik, Physik und Philosophie in Königsberg vier Semester und zehn Semester in Berlin.[1] Bloch wurde bei dem Philosophen Paul Hensel 1907 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zum Dr. phil. promoviert.[2]

Bloch war überzeugter Atheist,[3] zugleich war er Anhänger des Zionismus.[4] Politisch verstand er sich als Sozialist. Am 3. September 1890 wandte er sich an Friedrich Engels, dem dieser in seinem bekannten Brief vom 21./22. September 1890 antwortete.[5][6]

Ab 1896 war er mit Johannes Sassenbacher Herausgeber der Zeitschrift „Der sozialistische Akademiker.“ Daraus gingen 1897 die Sozialistischen Monatshefte hervor. Dieses Blatt unterstand nicht dem SPD-Parteivorstand und war das zentrale Sprachrohr der Revisionisten. Das Blatt leitete er bis 1933 als alleiniger Herausgeber. Bloch erhielt für seine Arbeit für das Monats-, später Halbmonatsblatt kein Honorar. Texte sprach er meist bis ins Detail mit den Autoren ab, wodurch die Ausgaben eine hohe politisch-thematische Geschlossenheit erhielten, obwohl Bloch selbst nur wenige eigene Texte beitrug.[1] Er engagierte sich auch für die Freie Volksbühne in Berlin.

Im innerparteilichen Streit ist Bloch den Revisionisten beziehungsweise dem eher rechten Flügel zuzurechnen. Einem orthodoxen Marxismus stand er kritisch gegenüber. Innenpolitisch forderte er eine protektionische Agrarpolitik. Außenpolitisch war er vor dem Ersten Weltkrieg englandfeindlich eingestellt und trat für eine aktive Kolonialpolitik ein. Stattdessen forderte er eine Annäherung an Frankreich, das ihm zeitlebens ein Vorbild war.[1] Nach Kriegsbeginn unterstützte er die Burgfriedenspolitik,[7] da er von einem deutschen Sieg die Einheit Kontinentaleuropas erwartete.[1] Dabei forderte er aber wiederholt Friedensverhandlungen.

Nach der Revolution 1918/19 unterstützte er die Einführung einer parlamentarischen Demokratie, gestützt auf die Zusammenarbeit von SPD und bürgerlichen Parteien.[1] Spätestens nach dem Ersten Weltkrieg basierte sein außen- und weltpolitisches Denken auf dem Ideal eines Frieden sichernden Gleichgewichts der fünf Imperien Amerika, Großbritannien, Ostasien, Russland und Kontinentaleuropa.[1]

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme emigrierte er 1933 nach Prag. Dort starb er 1936 und wurde dort auf dem Jüdischen Friedhof begraben.[8]

Joseph Bloch war mit der Zahnärztin Helene Freudenheim verheiratet, die gemeinsam mit Felix Stössinger sein Werk Revolution der Weltpolitik. Vermächtnis posthum herausgab.

Teile seines Nachlasses liegen im Russischen Staatlichen Militärarchiv und im Archiv des International Institut of Social History.

  • Anna Siemsen: Ein Leben für Europa. In memoriam Joseph Bloch. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1956.
  • Joseph Bloch. In: Franz Osterroth: Biographisches Lexikon des Sozialismus. Verstorbene Persönlichkeiten. Bd. 1, J. H. W. Dietz Nachf., Hannover 1960, S. 25–26 und Bild auf Tafel 4.
  • Alfons Breuer: Sozialistische Monatshefte (1895–1933). in: Deutsche Zeitschriften des 17. bis 20. Jahrhunderts, Verlag de Gruyter, Berlin 1973, S. 265–280.
  • Charles Bloch: Der Kampf Joseph Blochs und der „sozialistischen Monatshefte“ in der Weimarer Republik. In: Jahrbuch des Instituts für deutsche Geschichte. Tel Aviv 1974, S. 257–287.
  • Dieter Fricke: Die deutsche Arbeiterbewegung 1869–1914. Ein Handbuch über ihre Organisation und Tätigkeit im Klassenkampf. Dietz Verlag, Berlin 1976, S. 232, 254, 462, 464–466, 829, 830,861.
  • Charles Bloch: Joseph Bloch – der jüdische Vorkämpfer für Kontinental-Europa. In: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte. Beiheft 2: Juden und jüdische Aspekte in der deutschen Arbeiterbewegung 1848–1918. Tel Aviv 1977, S. 147–162.
  • Roger Fletcher: A revisionist dialogue on Wilhelmine Weltpolitik. Joseph Bloch and Kurt Eisner 1907–1914. In: IWK. Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Jg. 16, Heft 4, 1980, S. 453–477.
  • Roger Fletcher: Revisionism and Empire. Joseph Bloch, the Sozialistische Monatshefte and German Nationalism, 1907–14. In: European History Quarterly. Vol. 10, Nr. 4, Oktober 1980, S. 459–485. ISSN 0265-6914
  • Ursula Ratz: Unser politischer Einfluss wächst mit unserer wirtschaftlichen Macht. Aus einer Korrespondenz zwischen Adolph von Elm und Joseph Bloch. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Band 68, Hamburg 1982, S. 113–156.
  • Stefan Berger: Kurzbiographie. In: Biographical dictionary of European labor leaders. Band: A-L. Greenwood Publishing Group, 1995, S. 102. (books.google.de, Teildigitalisat)
  • Bloch, Joseph. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 3: Birk–Braun. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1995, ISBN 3-598-22683-7, S. 153–157.
  • Andreas Morgenstern: „Material für die berühmte Spaltung innerhalb der Partei“. Die Sozialistischen Monatshefte als Blatt der Revisionisten in der SPD 1912. In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Band 13/II, 2014, S. 162–182.
  • Andreas Morgenstern: Bloch, Joseph. in: Deutsche Biographie – Onlinefassung (NDB-Online), hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 21. Oktober 2022.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Andreas Morgenstern: Joseph Bloch. In: NDB-Online. 2022, abgerufen am 21. August 2023.
  2. Die Entwickelung des Unendlichkeitsbegriffs von Kant bis Hermann Cohen. Druck von C. Rosen, Berlin 1907 (Inaug.-Diss.--Erlangen). (quart-ifk.bsb-muenchen.de)
  3. Werner Mosse (Hrsg.): Juden im Wilhelminischen Deutschland, 1890–1914. Ein Sammelband. Tübingen 1998, S. 295.
  4. Ludger Heid, Arnold Paucker: Juden und deutsche Arbeiterbewegung bis 1933. Soziale Utopien und religiös-kulturelle Traditionen. Tübingen 1992, S. 85.
  5. Catilina: „Ein Brief von Friedrich Engels. Zur Kritik der materialistischen Geschichtsauffassung“. In: Der sozialische Akademiker. 1 Jg. Berlin 1890, Nr. 119, 1. Oktober 1895, S. 351–353. (library.fes.de, Digitalisat)
  6. Engels an Joseph Bloch 21./22. September 1895. In: Marx-Engels-Werke. Band 37, S. 462–465.
  7. Werner Mosse (Hrsg.): Juden im Wilhelminischen Deutschland, 1890–1914. Ein Sammelband. Tübingen 1998, S. 212f. (books.google.de), abgerufen am 21. April 2009.
  8. Franz Osterroth, S. 26.