Brennhaare bei Vogelspinnen

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Brennhaare bei Vogelspinnen können bei neuweltlichen Vogelspinnenarten vorkommen. Sie sind ein reiner Verteidigungsmechanismus gegen Fressfeinde. Die Haare befinden sich auf dem Hinterleib (Opisthosoma) oder auf den Tastern. Es gibt fünf verschiedene Brennhaartypen und diese dienen den Arachnologen zur taxonomischen Beschreibung der Gattungen und Arten.

Bombardierspinne

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Bombardierspinnen ist eine Bezeichnung, die vor allem in der deutschsprachigen Terraristik gebraucht wird und bezeichnet Vogelspinnen mit Brennhaaren auf ihren Hinterleiben. Man findet diese Bezeichnung in einschlägiger Literatur über Terraristik und wird auch vom deutschen Arachnologen Günter Schmidt in wissenschaftlichen Publikationen gebraucht.[1] In anderen Sprachen verweisen die Autoren dagegen auf das Vorhandensein von Brennhaaren, die jeweils eine taxonomische Relevanz aufweisen. Eine analoge Bezeichnung für die Bombardierspinne in anderen Sprachen existiert nicht.

Vogelspinnenarten werden deshalb Bombardierspinnen genannt, weil viele von ihnen bei Bedrohung die Brennhaare mit einem hinteren Laufbein abstreifen und die Haare dem Angreifer entgegenschleudern. Dieser Vorgang erinnert an ein Bombardement und wird deshalb auch als „bombardieren“ bezeichnet. Fressfeinde, die mit dem Kopf (Schnauze) in der Nähe des vermeintlichen Beutetieres sind, atmen diese Haare ein oder bekommen diese in ihre Augen. Durch eine rein mechanische Reizung, die von diesen Brennhaaren ausgelöst wird, werden die Schleimhäute der Atemwege oder der Augen sofort gereizt und führen so zur Flucht des Angreifers. Nicht alle Vogelspinnen mit Brennhaaren schleudern diese dem Angreifer entgegen. Einige strecken dem vermeintlichen Fressfeind nur das Hinterteil entgegen, damit sich die Brennhaare bei Berührung lösen und so in die Schleimhäute der Nasen und Augen des Angreifers eindringen. Obwohl diese Spinnen nicht bombardieren, werden sie trotzdem wegen des Vorhandenseins der Brennhaare Bombardierspinnen genannt.

Das Abstreifen von Brennhaaren zur Verteidigung bei der Gattung Avicularia wurde bereits 1863 von Henry Walter Bates in einem Aufsatz beschrieben[2]:

„The hairs with which they are clothed come off when touched, and cause a peculiar and almost maddening irritation.“

„Die Haare, mit denen sie bedeckt sind, fallen bei Berührung ab und verursachen eine auffällige und beinah unerträgliche Hautreizung.“

Henry Walter Bates, 1863

Die Brennhaare werden aber bei einigen Tieren nicht nur bei Verteidigung, sondern auch zum Auskleiden ihrer Wohnröhren abgestreift. Sie schützen so ihren Bau vor möglichen Angreifern, damit diese nicht die Röhre mit ihrer Schnauze auskundschaften können. Je stärker diese Haare abgestreift werden, desto eher kriegen die Tiere eine Glatze auf dem Opisthosoma. Die Haare werden bei einer Häutung vollständig erneuert.

Die Bombardierspinnen sind immer neuweltliche Vogelspinnen.[3] Dazu gehören die Arten in der Unterfamilie Theraphosinae, die mit einem hinteren Bein die Brennhaare abstreifen. Bei der Unterfamilie Aviculariinae wird normalerweise das Hinterteil dem Angreifer entgegengestreckt.[4] Eine Ausnahme bildet Caribena versicolor, die ebenfalls Brennhaare mit einem hinteren Bein abstreift.[5] Eine weitere Ausnahme bilden Arten der Gattung Ephebopus, die Brennhaare nicht auf dem Hinterleib, sondern auf ihren Tastern haben. Sie reiben die Taster ruckartig an den Beißklauen, um die Brennhaare einzusetzen.[4]

Es gibt fünf verschiedene Arten von Brennhaaren. Vier wurden von John A. L. Cooke, Vincent D. Roth und Frederick H. Millers erstmal beschrieben und 1972 veröffentlicht.[6] 1996 wurde von Fernando Pérez-Miles eine fünfte Art bei der Vogelspinnenart Hemirrhagus cervinus wissenschaftlich beschrieben.[3]

Hautreaktionen beim Menschen

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Beim Menschen können Brennhaare allergische Reaktionen hervorrufen. Die Symptome sind Entzündungen, Ausschläge oder starker Juckreiz. Diese Symptome können mehrere Stunden bis Tage anhalten. Obwohl die Brennhaare nur mechanisch reizen, kann je nach Person oder betroffener Stelle (beispielsweise Schleimhäute in den Augen) eine unterschiedliche Reaktion auftreten. Einige Symptome können mit Steroiden und Antihistaminen gemildert werden.[7]

Einzelnachweise

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  1. Günter Schmidt: Die Vogelspinnen, Westarp-Wissenschaften, 2003
  2. Bates, H. W. (1863). The naturalist on the River Amazons, a record of adventures, habits of animals, sketches of Brazilian and Indian life and aspects of nature under the Equator during eleven years of travel. London: J. Murray.
  3. a b Pérez-Miles, F. (1998a). Notes on the systematics of the little known theraphosid spider Hemirrhagus cervinus, with a description of a new type of urticating hair. Journal of Arachnology 26: 120-123.
  4. a b Bertani, R.; Boston, T.; Evenou, Y.; Guadanucci, J.P.L. (2003). "Release of urticating hairs by Avicularia versicolor (Walckenaer, 1837) (Araneae, Theraphosidae)". Bulletin of the British Arachnological Society 12 (9): 395–398.
  5. Eckardt, D. "Unusual defensive display in Avicularia versicolor." Journal of the British Tarantula Society 8 (1992).
  6. Cooke, J .A .L ., VD. Roth & EH . Miller. 1972 . The urticating hairs of theraphosid spiders . American Mus. Nov ., 2498 :1-43.
  7. Chao-Kai Hsu, Mark Ming-Long Hsur, Rick C. West, Yau-I Chu: Skin Injury Caused by Urticating Hair of Tarantula. Dermatologica Sinica. September 2007, S. 232–237